Unser Weg durch viele Jahre

Im Herbst 1977 entschlossen sich zwei engagierte BHS – Lehrer, Mag. Jörg Knauer und Dr. Elisabeth Sobota, im Rahmen der steirischen Bildungswerke eine fortlaufende Vortragsreihe zu Erziehungsfragen als „Elternschule“ im Raum Judenburg anzubieten. In den Diskussionen, die sich jeweils an die einmal im Monat stattfindenden Abendvorträge anschlossen, zeigte sich sehr bald die extreme Problemsituation vieler Familien unserer Region.

Die Ausweitung der „Elternschule“ auf den Raum Zeltweg im nächsten Jahr bestätigte den Eindruck, dass rasche Hilfe durch kompetente Fachkräfte dringend notwendig war, um der Eskalation von Problemsituationen zu sozialen und psychischen Krisen vorzubeugen. Ein Arbeitskreis entstand, der Voraussetzung und Möglichkeiten zur Errichtung einer überkonfessionellen, partei-unabhängigen Beratungsstelle erkundete.

Eine Phase intensiver Aufbauarbeit begann. Vorträge namhafter Fachleute zu den großen Problemkreisen (Suchtgiftgefährdung, psychische Erkrankungen, Selbstmordgefährdung, Re-Sozialisation Strafgefangener u.a.) sollten das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Sie fanden ein erstaunlich zahlreiches Publikum, das mehrmals das Fassungsvermögen der zur Verfügung stehenden Vortragssäle weit überstieg. Betroffene und deren Angehörige meldeten sich zu ersten Beratungsgesprächen.

Auf diesem Hintergrund wurde der „Verein für psychische und soziale Lebensberatung“ gegründet. Damit war die Basis für die Verwirklichung unseres Planes einer regionalen Beratungsstelle geschaffen. Mitgliedsbeiträge der Mitglieder des Vereins, Spenden und erste Subventionen von öffentlicher Hand ermöglichten die Miete von Räumen im ersten Stock des Hauses Herrengasse 2.

Am 2. Juni 1979 wurde die Beratungsstelle eröffnet. Die Effizienz der Beratungstätigkeit hatte sehr bald die offizielle Anerkennung als Familienberatungsstelle zur Folge.

Damit war auch die Möglichkeit gegeben, die geringen finanziellen Mittel (sie reichten gerade für die Betriebskosten von 6 Monaten) durch die Honorare der damals noch grundsätzlich ehrenamtlich arbeitenden qualifizierten Mitarbeiter zu ergänzen.

Das Angebot von Einzelberatungen (anonym und kostenlos) im Ausmaß von acht Stunden pro Woche wurde bald erweitert durch den Aufbau einer Gruppe für Suchtkranke. Im Oktober 1980 begann die Arbeit mit Jugendlichen. Aus den zunächst geplanten 10 Abenden erwuchs eine Gruppe, die kontinuierlich über 5 Jahre fortgeführt werden konnte. Die Anerkennung als Drogenberatungsstelle machte die Mitarbeit von Sozialarbeiterinnen auf Werksvertragsbasis zur Führung einer Spezialgruppe für drogengefährdete Jugendliche notwendig. Die oftmals arbeitslosen und unbeheimateten Jugendlichen besuchten uns nicht zu den vorgesehenen Gruppenzeiten. So kam es zu Schwierigkeiten mit dem Hausherrn. Im Sommer 1982 übersiedelte daher die Beratungsstelle in den 1. Stock des Hauses Liechtensteingasse 1 (Da ist sie heute noch, allerdings nach mehrmaligen räumlichen Veränderungen und Erweiterungen).

Die zunehmende Jugendarbeitslosigkeit und die Gefährdung schwer vermittelbarer Jugendlicher führte 1982 zum Experiment einer Wohngemeinschaft arbeitsloser Jugendlicher in einem nicht mehr genutzten Meierei-Gebäude in Pöls – Reifenstein, das uns von der Familie Pezold zur Verfügung gestellt wurde.

Von April bis Juni 1984 wurde in Zusammenarbeit mit dem BFI als Pilotprojekt ein Motivationskurs für langzeitarbeitslose Jugendliche durchgeführt.

1984 konnte der Verein sein fünfjähriges Bestehen feiern (Maximal 2 Jahre hatten uns am Beginn unserer Arbeit, die sicherlich von sehr hohen Idealen getragen war, „erfahrene Fachleute“ zugestanden). Zu diesem Anlass hielt Herr Prof. Erwin Ringel einen vielbeachteten Festvortrag zum Thema „Angst vor der Zukunft“.

In dieser Zeit wurde das Fehlen von Möglichkeiten einer angemessenen fachkompetenten Nachbetreuung psychiatrischer Patienten wiederholt auf tragische Weise wahrnehmbar. Daher versuchte der Verein immer wieder im Kontakt mit Politikern und Institutionen Schritte zu setzten, um Möglichkeiten einer angemessenen Nachbetreuung psychiatrischer Patienten in unserer Region in die Wege zu leiten. Die Notwendigkeit eines hauptamtlichen Mitarbeiters wurde immer dringlicher.

Im Bereich der Familienberatung wurde ein wichtiger Fortschritt erzielt durch die Einbeziehung der mobilen Frühförderung (körperlich-geistig behinderter und sozial benachteiligter Kleinkinder) in unser Angebot. 1987 erhielt die Beratungsstelle vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung die offizielle Anerkennung als Trägerinstitution der „Mobilen Frühförderung“. Dazu kam bald eine gut besuchte Kindergruppe für soziales Lernen.

Für das Jahr 1985 wies die Statistik 1 000 Einzelberatungen auf. Diese Zahl bewies die zunehmende Verwurzelung der Beratungsstelle im Bewusstsein der Bevölkerung. Die dringend nötige Intensivierung der Arbeit im Bereich der psychosozialen Betreuung erlitt im Zusammenhang mit der Diskussion um die Psychiatriereform in der Steiermark immer wieder Verzögerungen.

1989/90 erfolgte der Ausbau der Beratungsstelle zum Beratungszentrum. Die Konkretisierung der Psychiatriereform sah Judenburg als regionales Zentrum für die Bezirke Knittelfeld, Judenburg und Murau vor und den Verein als Trägerinstitution. Das bedeutete die Anstellung von zwei erfahrenen Sozialarbeiterinnen und die Mitarbeit einer Psychologin und eines Facharztes für Psychiatrie auf Werkvertragsbasis. Außerdem wurden die Nebenstellen 1990 in Knittelfeld (Kirchengasse 2, ab 1992 Theodor Körnerstraße 7, ab 1997 Bahnstraße 4) 1991 in Murau (Schillerplatz 1) errichtet. 1992 eröffnete der Verein ein Übergangswohnheim für psychiatrische Klienten in Zeltweg. 1993 begann die Tagesstätte in Judenburg mit ihrer Arbeit.

Im Zusammenhang mit der Konkretisierung des neuen steirischen Jugendwohlfahrtsgesetzes schritt die Ausweitung der Arbeitsbereiche des Beratungszentrums weiter fort. Es übernahm die Funktion einer Trägerinstitution für die sozialpädagogische Familienbetreuung und für den Einsatz von Erziehungshelfern. Die Jugendarbeit konnte außerdem durch die Anstellung eines Streetworkers intensiviert werden. Dieser rasche Ausbau innerhalb weniger Jahre ging Hand in Hand mit einem inneren Strukturwandel. Die vielfältigen administrativen Aufgaben wurden seit 1990 von einer hauptamtlichen Sekretärin wahrgenommen, seit 1992 unterstützt von einer zweiten Bürokraft. Die monatlichen Besprechungen aller Mitarbeiter wurden 1991 aufgegliedert in die drei Regionalteams Knittelfeld, Judenburg, Murau. Dazu kamen regelmäßige Teambesprechungen der Mitarbeiter in den speziellen Arbeitsbereichen.

Anfangs kamen dreimal im Jahr alle Mitarbeiter für ein Wochenende zur Besprechung aller anstehenden Fragen und zur Supervision ihrer Arbeit zusammen. Als Raum genügte uns das Extrazimmer eines Gasthofes.

Statt dessen wurden nun zweimal jährlich Vereinswochenenden mit namhaften Referenten zu inhaltlichen Schwerpunkten organisiert, die in Seminarhäusern der Region stattfanden.

Im November 1994 veranstaltete der Verein ein Symposium anlässlich seines 15-jährigen Bestehens. Der Festvortrag zum Thema „Lebenskrise als Chance“ richtete sich an die interessierte Öffentlichkeit. Ziel der drei Fachreferate mit anschließenden Arbeitskreisen war sowohl die fachliche Vertiefung als auch die Vernetzung des Vereins mit zuständigen Institutionen und Persönlichkeiten.

Die folgenden Jahre brachten den fortlaufenden Ausbau der so dringend notwendigen sozialpsychiatrischen Betreuung. Weitere Einrichtungen wurden aufgebaut:

1996 die psychotherapeutische Wohngemeinschaft für Kinder und Jugendliche in Zeltweg (Tischlerstraße) 1999 die Tagesstätte für psychiatrische Klienten in Murau (Anna Neumann Gasse) 1999 das Wohnhaus für psychiatrische Klienten in Judenburg (Südtirolerstraße) 2001 die Tagesstätte für psychiatrische Klienten in Knittelfeld (Bahnstraße)

Parallel dazu wurde das Team der sozialpsychiatrischen Berater ausgebaut.

1997 übernahm der Verein in Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice den immer wichtiger werdenden Aufgabenbereich der Arbeitsberatung. Auch dieser Bereich erlebte einen stetigen Ausbau.

Zählte der Verein 1994 40 Mitarbeiter, so stieg nun die Zahl der Beschäftigten mit jeder neuen Einrichtung weiter an und hält heute bei der Zahl 100. Dies und die Vielfalt der inhaltlichen und organisatorischen Aufgaben überforderte die bestehende Organisations- und Leitungsstruktur. So entschloss sich der Verein, eine professionelle Organisationsentwicklungsberatung (Kommunikariko) in Anspruch zu nehmen. Als Ergebnis trat die regionale Gliederung der Vereinsarbeit zugunsten einer Strukturierung nach Arbeitsbereichen in den Hintergrund.

Außerdem erkannten wir die Notwendigkeit, die grundlegenden und richtungsweisenden Ideale unseres Vereins, die uns seit der Gründung bestimmt hatten, für alle Mitarbeiter nachvollziehbar in einem Leitbild zu definieren. Die Arbeit an unserem Leitbild gestaltete sich als intensiver betriebsinterner Kommunikationsprozess.

Darauf aufbauend erarbeiteten die einzelnen Teams Leitfäden (Handbücher für ihre jeweiligen Arbeitsbereiche. Der Tatsache, dass sich unsere Aufgaben in Wechselwirkung mit gesellschaftlichen Veränderungsprozessen nicht endgültig festschreiben lassen, wurde in der äußeren Gestaltung unserer Richtlinien Rechnung getragen: Sie liegen nicht als fix gebundenes Buch vor, sondern in einer Ringmappe, jederzeit korrigierbar und aktualisierbar.

Der fortlaufende Ausbau der gemeindenahen Sozialpsychiatrie hatte dazu geführt, dass andere, ursprüngliche Angebote des Vereins, vor allem die Familienberatung in den Hintergrund geraten waren. Hand in Hand damit war der Psychotherapie – nicht nur in unserem Beratungszentrum – immer mehr Bedeutung zugekommen. So war es um das Jahr 2000 an der Zeit, eine bewusste Abgrenzung zwischen sozialpsychiatrischer Betreuung bzw. Begleitung, Psychotherapie und Lebens- und Familienberatung vorzunehmen. Seither erlebt die Familienberatung mit ihren Einzel- und Gruppenangeboten einen neuen Aufschwung.

Als ein dringendes Erfordernis unserer Gesellschaft begann 1996 in Zusammenarbeit mit dem Hospizverein Steiermark der Aufbau des Hospiz-Arbeitskreises an unserem Beratungszentrum. Hospizarbeit ist gegenwärtig ehrenamtlich, so wie es unsere innovativen Anfänge im Verein allesamt waren.

Schwerpunkte des Arbeitskreises sind die Ausbildung von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die Begleitung pflegender Angehöriger und Trauernder und die Beratung älterer Menschen im Hinblick auf eine selbst verantwortete Lebensgestaltung bis zuletzt. Mobile Hospizteams sind in Knittelfeld, Judenburg und Murau im Einsatz.

2003 bahnte sich eine neue Herausforderung für unseren Verein an: Das Land Steiermark suchte einen Trägerverein für die sozialpsychiatrische Versorgung im Bezirk Liezen, da der bisherige Trägerverein Pro Juventute diese Funktion mit Ende 2003 zurücklegen wollte. Dies und die Tatsache der Verdoppelung des Mitarbeiterstands seit 1994 führte zum Entschluss, neuerlich eine Organisationsentwicklungsberatung mit dem Ziel einer Neustrukturierung der Gesamtorganisation in Anspruch zu nehmen.

Die Organisation war auch in den Folgejahren einer ständigen Weiterentwicklung unterworfen.
Eine große Veränderung trat mit dem Jahr 2004 ein: War bislang unsere Tätigkeit geografisch auf das obere Murtal beschränkt, kam es nun zur Erweiterung um den großen Bezirk Liezen.
Hier galt es, nicht nur die sozialpsychiatrische Betreuung zu übernehmen und fortzuführen, sondern auch zu erweitern:

Gründung Beratungszentrum Gröbming
Gründung Tagesstruktur Schladming
Neue Räumlichkeiten für Beratungszentrum Liezen, Tagesstruktur Liezen, Außenstellen Bad Aussee und Sankt Gallen
Hinzu kamen auch unsere Angebote im Bereich der Jugendwohlfahrt für diesen Bezirk.

Im Angebot des oberen Murtals fehlte noch eine Einrichtung im Bereich des Arbeitstrainings und der Arbeitsrehabilitation für psychisch beeinträchtigte Menschen. Daher entschloss sich unser Vorstand im Frühjahr 2007 das Projekt „ Friedas gemeinnützige GmbH“ zu gründen.

An den Standorten Knittelfeld (Sozialmarkt, Secondhand-Kleiderladen und Textilwerkstätte sowie Cafe ) und Großlobming (Biogartenbau mit Früchteveredelung sowie Möbelaufbereitung und Holzwerkstätte) werden 21 Klienten von einem 15 Monate Programm wieder auf ihre Tätigkeit in der Arbeitswelt vorbereitet.

  • In intensiver Zusammenarbeit mit den Abteilungen des Landes Steiermark wurde ein Pilotprojekt im gerontopsychiatrischen Bereich ins Leben gerufen.
  • Das „Zentrum für psychische Gesundheit im Alter“ in St. Peter am Kammersberg.
  • Ein Wohnhaus (für 12 Personen) mit angeschlossener Tagestruktur (15 Plätze) eröffneten wir im Sommer 2010.
1.4.2004 Übersiedlung der Tagesstätte "Treffpunkt" in neue Räume
1.4.2004 Übersiedlung der Tagesstätte Judenburg in neue Räume
1.7.2004 Beginn der mobilen sozialpsychiatrischen Betreuung
1.10.2004 Eröffnung des Beratungszentrums Gröbming
1.5.2005 Errichtung der Aussenstelle Bad Aussee
1.11.2005 Übersiedlung des Beratungszentrums Liezen
1.2.2007 Eröffnung der Tagesstätte Schladming
1.2.2007 Übersiedlung der Tagesstätte Murau in neue Räumlichkeiten
23.6.2008 Übersiedlung des Beratungszentrums Murau in neue Räumlichkeiten
16.8.2010 Eröffnung des Zentrum für Psychische Gesundheit im Alter
1.9.2010 Übersiedlung der Zentralen Verwaltung in neue Räumlichkeiten

Aufgrund der ständig wachsenden Organisation und Mitarbeiterzahl fand dann ebenfalls im Sommer 2010 die räumliche Ausgliederung der Verwaltung und Übersiedlung in eigene Räume in den Kapellenweg 5, Judenburg statt.

Insgesamt wuchs die Erkenntnis, dass eine Betrieb dieser Größenordnung eine andere Organisationsform benötigt. Nach intensiven fachlichen Beratungen beschloss daher die Generalversammlung des Vereins am 25.4.2010 die operative Tätigkeit in die "Psychosoziales Netzwerk gemeinnützige GmbH" auszugliedern.

Bei der Neuwahl des Vorstands legte Herr Mag. Jörg Knauer nach 33 Jahren seine Funktion als Obmann zurück – um die Funktion des 1. Geschäftsführers im "Psychosozialen Netzwerk" zu übernehmen.

Mit 31.12.2012 musste wegen zu geringer Klientenauslastung die Einrichtung FRIEDAS in Knittelfeld geschlossen werden. Der Sozialmarkt wurde von der Caritas in deren Räumlichkeiten weitergeführt.